Alte Registrierkassen lassen sich in vielen Fällen manipulieren. Wegen dieses erheblichen formellen Mangels ist der Finanzverwaltung grundsätzlich eine
Hinzuschätzungen erlaubt. Eine Vollschätzung ist allerdings nicht per se zulässig, entschied jetzt der Bundesgerichtshof (Az. X R 3/22).
Verhandelt wurde der Fall eines Restaurantbetreibers, der einen großen Teil seiner Einnahmen in Form von Bargeld erzielte. In den Jahren 2011 bis 2014 verwendete er eine elektronische Registrierkasse sehr einfacher Bauart, die bereits in den 1980er Jahren entwickelt worden war. Das Finanzamt nahm daher eine
Vollschätzung seiner Erlöse vor, was zu einer Vervierfachung der erklärten Umsätze führte. Nachweise für eine tatsächliche Manipulation der Kasse gab es nicht.
Das Finanzgericht bestätigte zunächst dieses Vorgehen, da ein Sachverständiger zu dem Ergebnis gekommen war, dass ein bestimmter interner Zähler der Kasse, der die Lückenlosigkeit der Tagesausdrucke sicherstellen soll, durch Eingabe entsprechender Codes verändert werden könne. Daher sei die
Kasse objektiv manipulierbar und damit ungeeignet für steuerliche Zwecke.
Diese Entscheidung hob der Bundesgerichtshof allerdings auf. Die Verwendung einer objektiv manipulierbaren Kasse stelle zwar grundsätzlich einen formellen Mangel von hohem Gewicht dar, was dem Finanzamt eine Schätzungsbefugnis gebe. Diese Befugnis gebe es jedoch nicht, „wenn der Steuerpflichtige in
überobligatorischer Weise sonstige Aufzeichnungen führt, die eine hinreichende Gewähr für die Vollständigkeit der Einnahmenerfassung bieten“, so der BFH. Zudem müsse es Anhaltspunkte geben, dass der Steuerpflichtige im jeweiligen Einzelfall auch tatsächlich eine Manipulation vorgenommen habe.
Darüber hinaus wies der BFH darauf hin, dass die
Bedeutung eines formellen Mangels gewichtet werden muss. In dem konkreten Fall sei zu berücksichtigen, dass das Kassensystem über 20 Jahre auf dem Markt war und die Kenntnis über seine Manipulierbarkeit erst im Laufe der Zeit gewachsen sei. Da die Finanzverwaltung die Nutzung solcher Kassen noch bis Ende 2016 akzeptiert habe, habe der Kläger nicht davon ausgehen können, durch die Nutzung der Kasse gegen seine Aufzeichnungspflichten zu verstoßen. Daher könne der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit es gebieten, dem Gastwirt hier Vertrauensschutz zu gewähren.
Erstellt von (Name) E.R. am 12.06.2024
Geändert: 12.06.2024 07:25:12
Autor:
Petra Hannen
Bild:
Bildagentur PantherMedia / Oleg Dudko
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